Schienennetz muss unter staatlicher Aufsicht bleiben

Börsengang der Bahn darf Schienennahverkehr nicht gefährden

Berlin, 22. Oktober - Komfortable Züge, renovierte Bahnhöfe und steigende Fahrgastzahlen kann man als einen Erfolg der Bahnreform in den 90er-Jahren sehen. Als nächster Schritt ist nun ein Börsengang geplant, der noch mehr Fahrgäste und Güter auf die Schiene bringen soll. Ist das auch der richtige Weg, um die Versorgung in der Fläche zu erhalten und auszubauen?

Die Bahnprivatisierung in Großbritannien wird als abschreckendes Beispiel genannt. In Großbritannien gibt es eine Vielzahl von Betreiberfirmen, die ihre Umsteigeverbindungen aber nicht aufeinander abstimmen. Die Reisezeiten haben sich sogar verlängert. Die schlimmste Folge ist aber eine Reihe von schweren Unfällen, weil die privaten Unternehmen die Wartung des Schienennetzes aus Kostengründen zurückgefahren haben.

In Deutschland soll der Erlös von 8-10 Milliarden Euro aus dem Börsengang in einen attraktiveren Schienenverkehr investiert und die Deutsche Bahn AG als einziger flächendeckender Anbieter gestärkt in den intensiveren Wettbewerb entlassen werden. 49% der Bahnaktien sollen an strategische Investoren verkauft werden. Der Bund bleibt aber auch in Zukunft beim Schienenunterhalt und Streckenneubau in der Pflicht. Dafür zahlt er in den kommenden 15 Jahren jährlich 4 Milliarden Euro. Hinzu kommen noch rund 4,5 Milliarden Euro jährlich für den Schienennahverkehr.

Josef Göppel, Umweltobmann der Unions-Fraktion im Bundestag, lehnt eine Privatisierung, die sich nur an den Renditezielen von Finanzinvestoren orientiert, klar ab. „Die Bürger kommen mit ihren Steuern für den Erhalt und Ausbau der Bahninfrastruktur auf. Der Staat muss deshalb auch für attraktive Verbindungen im ländlichen Raum sorgen."

Konkret will die Unionsfraktion die Position der Bundesnetzagentur gegenüber dem Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums stärken. Der Wettbewerb könne nur funktionieren, wenn neutral entschieden werde, wer eine Strecke nutzen dürfe. Der Staat soll auch künftig eine bedarfsgerechte Schieneninfrastruktur beim Netzbetreiber Deutsche Bahn AG durchsetzen können. Eine weitere Forderung ist für Göppel besonders wichtig: „Der Gesetzgeber muss die private Verwaltung des Schienennetzes korrigieren können ohne die Investoren entschädigen zu müssen." Er werde im Bundestag nur einer Lösung zustimmen, die den grundgesetzlichen Versorgungsauftrag der Bahn sichert.

Artikel vom: 22.10.2007 15:01