Droht der Ausverkauf der deutschen Wirtschaft?

Europäische Unternehmen im Visier russischer und chinesischer Staatsfonds

Berlin, 24.07.2007 - China weist seit Jahren massive Exportüberschüsse auf und häuft dabei Devisen an. Für Länder wie Russland oder die arabischen Ölstaaten sind mit den hohen Energiepreisen goldene Zeiten angebrochen. Diese Überschüsse sammeln sich in Staatsfonds, die mittlerweile über die gigantische Summe von 2,5 Billionen US-Dollar verfügen. Alleine das chinesische Fondsvermögen summiert sich auf 1,2 Billionen US-Dollar. Das Phänomen ist nicht grundsätzlich neu. So ist Kuwait seit Jahrzehnten ein verlässlicher Investor bei Daimler.

Nun mehren sich aber die Anzeichen, dass russische und chinesische Staatsfonds nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern vor allem aus politischen Gründen in Europa investieren wollen. So hat Russland versucht, sich an EADS, dem Airbus-Mutterkonzern zu beteiligen um Zugang zu europäischer Luftfahrt-Spitzentechnologie zu bekommen. Außerdem sind deutsche Gasversorger im Visier um die russischen Monopolgewinne aus dem Gasverkauf zu maximieren. Das kommunistische China steigt gleich bei einer Legende des Casinokapitalismus ein: Über eine Beteiligung am Finanzinvestor Blackstone soll der Zugang zu amerikanischen und europäischen Firmen sämtlicher Branchen erleichtert werden.

Deutschland ist bisher für die neuen Spielregeln an den internationalen Kapitalmärkten noch schlecht gerüstet. Es gibt keine deutschen Fonds, die an Größe und Macht den chinesischen und russischen Staatsfonds vergleichbar wären und die gesetzlichen Regeln für Firmenübernahmen sind liberal. Die Bundesregierung will deshalb schon im Herbst 2007 Vorsorge treffen. Ziel ist, die Bedingungen für seriöse Investitionen aus dem Ausland nicht zu verschlechtern und gleichzeitig strategisch wichtige Schlüsselindustrien vor politischer Einflussnahme aus dem Ausland zu schützen.

Geplant ist eine Ausweitung des Außenwirtschaftsgesetzes, das der Regierung bisher nur Mitsprache bei ausländischen Investitionen in der Rüstungsindustrie sichert. Deutschland will nun dem amerikanischen und französischen Beispiel folgen und zusätzliche strategisch wichtige Branchen einbeziehen. Telekommunikation, Logistik, Post, Energie und Banken sind im Gespräch. Die Regierung wird dann über ein Übernahmeangebot in diesen Wirtschaftszweigen im Einzelfall entscheiden können. Ausländischen Staatsfirmen könnte der Kauf verweigert werden. Hingegen würde privaten Investoren aus einem Land mit freiem Zugang für deutsche Firmen in Deutschland gleiches Recht gewährt. Ende August wurde diese Strategie auf der Kabinettsklausur in Meseberg beschlossen. Die Bundesregierung will außerdem gemeinsam mit der deutschen Finanzbranche eine Kapitalsammelstelle einrichten, die auch der Abwehr von unerwünschten Übernahmen dienen soll.

Ein zweiter wichtiger Baustein der Abwehrstrategie ist das Risikobegrenzungsgesetz. Es fördert die Transparenz in Aktiengesellschaften. Im Aktienregister muss in Zukunft jeder Aktionär namentlich erfasst werden. Bisher war es möglich nur eine Bank anzugeben. Wer über zehn Prozent der Aktien hält, muss darüber hinaus seine eigenen Finanziers und die Gründe für die Beteiligung offen legen.

Die Bundesregierung erhält Unterstützung von der EU-Kommission. Handelskommisar Peter Mandelson will in Schlüsselindustrien den Einsatz sogenannter „Goldener Aktien" gestatten. Diese Aktien sind mit besonderen Stimmrechten ausgestattet, die dem jeweiligen Staat zum Beispiel die Verhinderung einer Übernahme gestatten.

Artikel vom: 24.07.2007 16:03