Ansbacher Amoklauf

Gedanken von Josef Göppel

Ansbach, 18. September 2009 - Der Amoklauf am Gymnasium Carolinum schockiert. Mein tiefes Mitgefühl gilt den verletzten Schülern und ihren Eltern. Als Vater, der selbst vier Töchter am Gymnasium Carolinum hatte, hoffe ich mit ganzem Herzen auf eine rasche und vollständige Genesung der beiden schwerverletzten Schülerinnen. Ich werde die Familien nach Kräften unterstützen.

Größten Respekt habe ich vor dem besonnenen und raschen Handeln der Schüler und Lehrer, die durch die schnelle Verständigung der Polizei und sofortiges Löschen noch Schlimmeres verhindert haben. Besonderer Dank gilt dem umsichtigen Einsatz von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften. Dass es gelungen ist, den Täter innerhalb von elf Minuten zu stoppen, beweist, wie wichtig und letztendlich erfolgreich die neue Polizeistrategie ist.

In den vielen Gesprächen mit Angehörigen und Bürgern aus Ansbach und Umgebung spüre ich, wie tief der Schrecken und die Hilflosigkeit gehen. Wie kommt es, daß ein Abiturient einen Brandanschlag ohne Rücksicht auf Leben und Gesundheit seiner Mitschüler und Lehrer verübt? Was hat sich in unserer Gesellschaft verändert, dass ein Jugendlicher sich so weit von den Menschen entfernt, sich so viel Hass aufbaut, dass er mit einer Axt auf andere einschlägt? Perspektivlos im materiellen Sinn sind jugendliche Gewalttäter meist nicht. Was muss die Politik verändern, damit sich diese Fälle nicht wiederholen?

Nach meinem Gefühl muss endlich über das Ende der Gewaltdarstellungen im Fernsehen und Internet geredet werden. Täglich wird jungen Menschen vorgegaukelt, dass man mit Gewalt Probleme lösen kann. Damit verschiebt sich für viele die Wahrnehmung der Wirklichkeit und einige greifen dann eben tatsächlich zur Gewalt. Sie erhalten in den Medien ja regelrechte Anleitungen dazu.

Daneben ist sicher auch nötig, die unmittelbaren Lehren aus der Katastrophe zu ziehen. So ist zum Beispiel offensichtlich, dass an jeder Schule eine Lautsprecheranlage installiert werden muss, damit im Ernstfall Verhaltensanweisungen jeden Schüler und Lehrer schnell erreichen. Es muss auch geprüft werden, warum der Täter trotz psychiatrischer Behandlung nicht vor der Tat gestoppt werden konnte. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hat recht, dass Kinder und Jugendliche notfalls aus einem kaputten sozialen Umfeld rechtzeitig heraus geholt werden müssen.

Ich glaube aber, dass die gesellschaftliche Erneuerung tiefer gehen muss. Wir müssen den sozialen Zusammenhalt stärken. Wir müssen uns unserer Werte und Wurzeln wieder stärker besinnen. Auch der schwindende Halt im Glauben trägt zum Verlust an Geborgenheit und zur Flucht in Scheinwelten bei. Nur – Wer mag darüber in der Politik schon reden? Ich meine, wir sollten es.

Artikel vom: 18.09.2009 18:14