Streit um Windenergie

Ein aufschlussreicher Briefwechsel
Herrieden, 5. Dezember 2013 - Die Wogen schlagen hoch. Windkraftgegner machen mobil. Ein repräsentatives Schreiben dazu und die Antwort von Josef Göppel finden Sie in diesem Artikel.

Das Schreiben eines Bürgers:

Sehr geehrter Herr Göppel,


es ist gut, daß wir ein Parlament haben, in dem Pro- und Contra Argumente ausgetauscht werden können, im Ringen um bestmögliche Ergebnisse für unser Volk. Leider sind wir es gar nicht mehr gewohnt, daß einzelne Abgeordnete sich gegen Vorgaben der Fraktionsführung aussprechen. Insofern nehme ich mit Respekt zur Kenntnis, daß Sie sich innerhalb der CDU/CSU Fraktion als einer von nur drei Abgeordneten gegen die Energievorlage des Koalitionsausschusses ausgesprochen haben. Nur leider kann ich Ihnen in der Sache nicht nur nicht folgen, sondern muß ihr sogar ausdrücklich widersprechen.

Mit Erstaunen habe ich Ihre Argumentation zugunsten von Windkraftanlagen (oder besser "Windmonstern?!)  in Bayern zur Kenntnis genommen. Weil ich diese Meinung nicht teile übersende Ihnen anbei meinen Einspruch gegen die Errichtung von WKA in meinem Landkreis Erding, samt umfänglicher Begründung.  Dieser gilt sinngemäß auch für ganz Bayern als relativ windarmem Land.

Aus diesem Dokument zum schnellen Einlesen ein Auszug zur "Top-down" Argumentation, warum WKA nichts bringen, aber riesigen Schaden verursachen.
Zitat:"Die Stromerzeugung durch WKA hatte im Jahr 2012 in Deutschland einen Anteil an der gesamten Stromerzeugung von ca. 7,6 %. Dies entspricht einem Primärenergieanteil von nur 1,3 % und ist damit für unsere Energieversorgung völlig unbedeutend. Dieser Anteil wird von ca. 23.000 Anlagen erzeugt.
In Bayern sind es derzeit nur 0,15 %. Bei einer Verzehnfachung der Stromerzeugung durch WKA in Bayern wären es ca. 1,5 % und damit immer noch vernachlässigbar. Wir müssten allerdings dann für die nötigen Windparks mit etwa 5-7 Mrd. € Investitionskosten rechnen.

Auch nach Abschaltung der 5 bayerischen KKW und nach einer möglichen Verzehnfachung der WKA – Stromerzeugung in Bayern kann der weitere rasante Ausbau der Windindustrie in Bayern und damit die Zerstörung unserer wertvollen Landschaft weder energiewirtschaftlich noch ökologisch begründet werden.

Sollten im ungewissen positiven Falle in 10 – 15 Jahren sinnvolle Speichermöglichkeiten vorhanden sein, wären die heutigen Windkraftanlagen technisch und moralisch verschlissen.

Da das Angebot an Strom bereits heute weit über dem Bedarf liegt, ist der weitere Ausbau der sporadisch gewonnenen Wind- und Sonnenenergie wirtschaftlicher und ökologischer Unsinn.

Zu Zeiten hoher Stromeinspeisungen EEG-subventionierter Energie aus Wind- und Sonnenanlagen tendieren die Strompreise an der Strombörse ELIX in Paris zu negativen Preisen von bis zu -200 €/MWh = 20 ct/kWh, d.h. durch das unsinnige exklusiv deutsche „Energiewende“ vorhaben belasten wir den Stromkunden durch WKA Strom zusätzlich mit  EEG-Umlagen, die ohne diese Windenergie-Einspeisung nicht erfolgt wäre.

Wenn die Zielstellung für Windkraft in Deutschland mit 60.000 Windrädern (heute ca. 24.000 Stück und mit nur 7,6% am Strommix beteiligt) umgesetzt würde, hätten wir ca. alle 10 km einen „Windpark" und ohne Speicherung des Stroms eine teure sinnlose Zerstörung der Natur.

Der durch die Medien manipulierte Bürger muss erfahren, dass die Meldungen über installierte Leistungen von Wind-und Photovoltaikanlagen nicht der realen Leistung entsprechen. Bei Windkraftanlagen liegt sie bei max. 17%! Im Land Bayern ist im Durchschnitt mit nur 1.600 Volllaststunden Wind zu rechnen – das Jahr hat aber 8.760 Stunden, die kontinuierlich mit Strom versorgt werden sollen.

Der Mindestauslastungsgrad AGR , ermittelt aus den jährlichen Stromerträgen (kWh/a) und den resultierenden Volllaststunden pro Jahr (VLS/a), sollte für einen wirtschaftlichen Betrieb nach EEG (Einspeisevergütung ca. 9 ct./kWh) bei 23 % liegen, was 2000 VLS/a entspricht. Wegen der relativ großen Unsicherheiten bei der Ermittlung der mittleren Jahreswindgeschwindigkeit Wm sollten ca. 2.200 VLS/a angesetzt werden. Im Mittel des Jahres 2010 betrug der Ausnutzungsgrad aller ca. 27.000 WKA in Deutschland nur 15,8 %. In Bayern und in Baden-Württemberg hatten wir nur etwa 12 %. Dies liegt im wesentlichen daran, dass die mittleren Jahreswindgeschwindigkeiten in den letzten Jahren stark abgenommen haben

Die Windhöffigkeit hat sich in Deutschland und auch in Bayern zwischen 2007 und 2010 um über 30% vermindert. Dadurch ist der Ausnutzungsgrad (AGR)  aller deutschen WKA im gleichen Zeitraum von ca. 21% auf ca. 15,8% gesunken. In Bayern hatten wir in 2010 einen durchschnittlichen AGR von ca. 13 % oder ca. 1.120 VLS/a. Für einen wirtschaftlichen Betrieb nach EEG werden etwa 2.000 VLS/a oder ein AGR von ca. 23 % benötigt.

Eine Auswertung der Betriebsergebnisse von etwa 340 bayerischen WKA (aus etwa 400) aus den Jahren 2007 bis 2010 ergab, dass etwa 180 WKA in Bayern einen AGR von weniger als 16 % entspr.ca. 1450 VLS/a erreicht hatten.
Die Stromgestehungskosten lagen dabei -überschlägig berechnet- zwischen 11 und 18 ct/kWh. Dies bedeutet, dass diese WKA finanzielle Verluste in Millionenhöhe verursacht haben. Diese Zahlen beweisen eindeutig, dass Bayern kein „Windenergie-Land“ ist und auch nicht werden kann."
Ende des Zitates.

Ebenfalls füge ich bei den Text einer Rede von Freiherr zu Guttenberg, in der er u.a. begründet, warum er als einstiger Mitbegründer des BUND aus diesem ausgetreten ist.

Unter www.vernunftkraft.de finden sich viele nachvollziehabre Argumente u.a. gegen WKA.

Gern bin ich zu einer Diskussion mit Ihnen bereit, aus der wir am Ende vielleicht gegenseitig lernen.

Mit freundlichen Grüssen

Die Antwort von Josef Göppel:

Sehr geehrter Herr X,

gern gehe ich auf Ihr Schreiben vom 30. November 2013 ein. Aus meiner Sicht sieht die Argumentation so aus:

  • Die erneuerbaren Energien Wind, Photovoltaik und Wasserkraft sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr „Brennstoff“ nichts kostet. Nach der Amortisation der Investitionskosten einer Anlage entstehen kaum noch variable Kosten.
  • Wind, Solar und Wasserkraft sind abwärmefrei.
  • Die genannten Energiequellen sind im Betrieb emissionsfrei. Mit ihnen geht keine Klimabelastung einher.
  • Wind und Wasser erzeugen ohne Zwischenschritt kinetische Energie. Die Primärkraft wird sofort auf Turbinen übertragen.
  • Ihre Klage über den nur 15-prozentigen Ausnutzungsgrad der Windräder relativiert sich schnell, wenn Sie die 34 % atomarer und fossiler Kraftwerke dagegen setzen. Diese verschleudern zwei Drittel der Primärenergie als nutzlose Abwärme und verursachen damit ökologische Probleme. Windräder verbrauchen in der Stillstandzeit nichts. Die für ihre Produktion aufgewendete Energie erzeugen die Windkraftanlagen in weniger als einem halben Jahr.
  • Die Klage über nur 1.600 Volllaststunden bei 8.760 Jahresstunden ist ein häufig angewandter rechnerischer Trick, der beim Blick auf den tatsächlichen Lastgang des Stromverbrauchs schnell entlarvt wird. Die Volllast von 80 Gigawatt wird in Deutschland nur an wenigen Stunden im Jahr benötigt. In über der Hälfte der Jahresstunden kommt Deutschland mit einer Teillast von 40 Gigawatt oder weniger aus. Windräder erbringen dazu ihren Anteil, auch wenn sie in Teillast laufen. Die Windräder dörflicher Energiegenossenschaften in meinem Wahlkreis Ansbach liefen 2012 zwischen 7.000 und 7.600 Betriebsstunden! Jedes davon erzeugt im Jahr rund 6 Millionen Kilowattstunden, das entspricht dem Strombedarf von 1.500 Haushalten.
  • Sehr erklärungsbedürftig ist Ihre Berechnung der Stromgestehungskosten für Bayern mit 11 bis 18 Cent pro Kilowattstunden. 18 Cent sind die Vergütung für Nordseestrom. Windräder in Bayern erhalten aus dem EEG zurzeit 9,1 Cent pro Kilowattstunde.
  • Erneuerbare Energien ermöglichen durch ihre Kleinteiligkeit eine breite Beteiligung von Menschen mit normalem Einkommen. Die Firma Lichtblick zeigt aktuell bei 50 Mietshäusern in Berlin-Hellersdorf, dass das auch für Mieter möglich ist. Viele Menschen gehen dadurch verantwortlicher mit Energie um. Sie werden von passiven Konsumenten zu Akteuren. Breite Eigentumsstreuung ist übrigens ein zentrales politisches Ziel der Unionsparteien.
  • Sicher sind auch die erneuerbaren Energiequellen kein Perpetuum mobile. Ihre Schwächen sollten aber im Vergleich zu den real vorhandenen Alternativen beurteilt werden. Denken Sie doch bitte an den atomaren und fossilen Brennstoffkreislauf. Wie sehen die Regionen um Uranbergwerke aus? In den Appalachen werden ganze Bergkämme zur Kohlegewinnung abgesprengt. Wer bezahlt die Endlagerung? Der Nuklearkonzern TEPCO in Fukushima ist zahlungsunfähig. Die Gesamtheit der japanischen Steuerzahler muss für die Beseitigung der Schäden einspringen. In Deutschland sind für den Rückbau der atomaren Anlagen und die Endlagerung insgesamt 2,3 Milliarden an Rücklagen vorhanden. Diese Summe wird nicht einmal für den Planungsprozess reichen.

Sehr geehrter Herr X, auf eine Stelle Ihres Schreibens möchte ich abschließend noch eingehen. Sie sprechen von „moralisch verschlissenen“ Windkraftanlagen. Leuchtet da nicht etwas von einem Glaubenskrieg auf?


Mit freundlichen Grüßen

Josef Göppel

Artikel vom: 05.12.2013 11:20