Richtungsstreit um die Energiewende

Göppel stimmt dem Koalitionsvertrag in der Fraktionssitzung nicht zu

 

Berlin, 27. November 2013 – Der Koalitionsvertrag für die Große Koalition liegt vor. Der Bundestagsabgeordnete Josef Göppel hat als Mitglied in der Arbeitsgruppe Energie am Entwurf mitgearbeitet. Er hält den Grundansatz des Energiekapitels für einen wichtigen Schritt: Der Ausbau erneuerbarer Energien wird enger mit dem Abschmelzen der konventionellen Kraftwerkskapazitäten verzahnt. Kritisch äußert sich der Umweltpolitiker Göppel aber zu einigen Änderungen gegenüber dem Entwurf der Fachpolitiker, die die Parteispitzen in letzter Minute noch ergänzt haben: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird bei den jetzt gefassten Zielen eines Anteils am Stromverbrauch von 40 bis 45% bis 2025 und 55 bis 60% im Jahr 2035 eher gebremst. Besonders für die Windkraft in Süddeutschland wird es mit den Vorgaben des Koalitionsvertrags ganz schwierig. Wir brauchen sie aber als Bestandteil im Mix der erneuerbaren Energien auch im Binnenland. Dadurch vermeiden wir Übertragungsverluste und Netzausbau. Hier gilt es nun in den EEG-Verhandlungen nachzubessern.“

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gab es 3 Nein-Stimmen zum Koalitionsvertrag, eine davon von Josef Göppel.


Die wichtigsten Punkte zur Energiewende im Koalitionsvertrag:

  • Zeitplan: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz soll rasch überarbeitet werden. Die zuständigen Ministerien werden bis Ostern 2014 einen Entwurf vorlegen, die parlamentarischen Beratungen sollen dann bis Sommer 2014 dauern.
  • Vertrauensschutz: „Altanlagen genießen Bestandsschutz. Der Vertrauensschutz im Hinblick auf getätigte und in der Realisierung befindliche Investitionen ist entsprechend zu gewähren.“ Besonders bei Windparks entstehen in der Planung über mehrere Jahre bereits erhebliche Kosten. Deshalb soll es auch Vertrauensschutz für Anlagen in Planung geben. Josef Göppel wird sich im neuen EEG dafür einsetzen, dass eine großzügige Übergangsregelung gelten wird.
  • Breite Bürgerbeteiligung: Bei allen Reformen soll besonders Rücksicht darauf genommen werden, dass auch künftig Bürger sich als Kleinanleger an Projekten beteiligen und in der Planung mitreden können. Dieser Grundsatz wurde auf Anregung von Josef Göppel in den Koalitionsvertrag aufgenommen.
  • Photovoltaik: „Die jetzt geltende Regelung (u.a. atmender Deckel, Obergrenze) hat sich bewährt und wird beibehalten.“
  • Biomasse: „Der Zubau von Biomasse wird überwiegend auf Abfall- und Reststoffe begrenzt. (…) Bestehende Anlagen sollen möglichst bedarfsorientiert betrieben werden, um Vorteile für die Systemstabilität zu nutzen.“ Die CSU hat in den Verhandlungen durchgesetzt, dass das Wort „überwiegend“ ergänzt wurde. Damit sind zum Beispiel auch künftig güllebasierte Anlagen, die einen gewissen Anteil von Energiepflanzen benötigen möglich. Die Umrüstung der Altanlagen soll vorangetrieben werden, damit sie die Schwankungen bei Wind- und Sonnenstrom ausgleichen können.
  • Wind an Land: „Wir werden die Fördersätze senken (insbesondere bei windstarken Standorten), um Überförderungen abzubauen und gleichzeitig durch eine Weiterentwicklung des Referenzertragsmodells dafür sorgen, dass bundesweit die guten Standorte mit einem Referenzwert von 75-80% auch zukünftig wirtschaftlich genutzt werden können. Wir werden eine Länderöffnungsklausel in das Baugesetzbuch einfügen, die es ermöglicht, länderspezifisch Regeln über Mindestabstände zur Wohnbebauung festzulegen.“ Diesen Referenzertrag erreichen nur rund 25% der in Bayern bereits bestehenden Windkraftanlagen. Zusammen mit der von Ministerpräsident Seehofer gewünschten Änderung der Abstandsregelung zur Wohnbebauung wäre nur noch ein geringer Zubau an Windkraftanlagen in Bayern möglich.
  • Wind auf See: Das Ausbauziel wurde abgesenkt auf 6,5 GW bis 2020 und 15 GW bis 2030. Die hohe Anfangsvergütung von 19 ct/kWh soll bis Ende 2019 verlängert werden.
  • Wasserkraft: „Die bestehenden Regeln haben sich bewährt und werden fortgeführt.“
  • Verpflichtende Direktvermarktung: Ab dem Inkrafttreten des neuen EEG müssen Neuanlagen ab 5 MW (z.B. große Freiflächen-Photovoltaikanlagen oder Windparks mit mehr als 2 Anlagen) direkt vermarktet werden. Ab 2017 soll dies dann für alle Anlagengrößen gelten. Basis ist das Modell der gleitenden Marktprämie, wie es bereits heute von den meisten Windkraftanlagen genutzt wird.
  • Eigenverbrauch: „Weiterhin setzen wir uns dafür ein, dass im Grundsatz die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt wird. So sollen alle neuen Eigenstromerzeuger mit einer Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG beitragen, wobei wir die Wirtschaftlichkeit insbesondere von KWK-Anlagen und Kuppelgasnutzung wahren werden. Für kleine Anlagen soll eine Bagatellgrenze eingezogen werden. Vertrauensschutz für bestehende Eigenerzeugung wird gewährleistet.“ und "Durch die steigende Eigenstromversorgung im privaten und gewerblichen Bereich ist die faire Kostenverteilung zunehmend in Frage gestellt. Deshalb müssen die Kosten für die Bereitstellung der Netzinfrastruktur künftig stärker abgebildet werden, zum Beispiel durch die Einführung einer generellen Leistungskomponente im Netzentgelt (Grund- oder Leistungspreis) und die Beteiligung der Einspeiser an den Kosten der Netzinfrastruktur und des Netzbetriebs.“ MdB Josef Göppel wird sich in den Verhandlungen dafür einsetzen, dass private Haushalte und kleine Unternehmen, die selbst erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien nutzen, von einer Beteiligung an der EEG-Umlage ausgenommen werden.
  • Umlagenbefreiung für energieintensive Unternehmen (Besondere Ausgleichsregelung): „Bei der Besonderen Ausgleichsregelung überprüfen wir die Privilegierung in den einzelnen Branchen vorrangig anhand objektiver, europarechtskonformer Kriterien. Darüber hinaus werden wir den Kostenbeitrag der privilegierten Unternehmen überprüfen. Zugleich ist vorgesehen, dass die begünstigten Unternehmen nicht nur ein Energiemanagementsystem einführen, sondern auch wirtschaftlich sinnvolle und technologisch machbare Fortschritte bei der Energieeffizienz erzielt werden.“
  • Gebäudesanierung: Das Förderprogramm der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau soll aufgestockt und vereinfacht werden. Die von den Fachpolitikern geforderte Einführung von Steuerabschreibungen für die energetische Sanierung der Altbausubstanz fiel in den Endverhandlungen dem Finanzierungsvorbehalt zum Opfer.
  • Erneuerbare Wärme: Hier soll die Förderung im Marktanreizprogramm in gleichem Umfang fortgesetzt werden. Wenn viel Wind- oder Sonnenstrom erzeugt wird, soll dieser künftig verstärkt zur Gebäudeheizung und für Warmwasser genutzt werden.

Den vollständigen Text des Koalitionsvertrags können Sie hier herunterladen.

Artikel vom: 27.11.2013 11:37