Regionalstrom Franken gegründet

Neue Energiegenossenschaft bündelt Erzeuger und liefert an Stadtwerke

Herrieden, 10. Oktober 2014 - In Mittelfranken gründete sich die bundesweit erste Energiegenossenschaft, die regional erzeugten Ökostrom über die Stadtwerke direkt zu den Endkunden bringt. Damit entfällt der Umweg über die Leipziger Strombörse. Der Strom fließt über das vorhandene Netz direkt zu den Kunden. So wird der physikalische Weg der Elektrizität auch kaufmännisch abgebildet.

In der Gründungsversammlung traten 80 Stromerzeuger der neuen Genossenschaft bei. Der Geschäftsbetrieb startet mit den Anlagen, die gesetzlich bereits zur Direktvermarktung verpflichtet sind. Insgesamt gibt es im Gebiet der neuen Genossenschaft 27 000 dezentrale Stromerzeuger.

Mit einer Einlage von 100 Euro erwerben Kleinerzeuger das Recht, ihre Strommenge in der Gemeinschaft zu verkaufen. Es gilt das bewährte Genossenschaftsprinzip, wonach jedes Mitglied eine Stimme hat. Das Modell „Strom aus der Region - für die Region“ will einen dauerhaften regionalen Wirtschaftskreislauf in Gang setzen und zu einer neuen Stadt-Land-Partnerschaft führen. Es entsteht ein regionales Kombikraftwerk, das nur in geringem Maß auf Ausgleichsenergie aus anderen Quellen angewiesen ist. Mit einem 40 %igen Anteil von Strom aus regelbaren Biogasanlagen kann die Genossenschaft flexibel auf den jeweiligen Bedarf der Stadtwerke reagieren.

Der Nürnberger Umweltreferent Dr. Peter Pluschke brachte es auf den Punkt: „Ihr Angebot und unsere Erwartungen treffen sich.“ Nach der städtischen Energiestrategie 2050 erwarte man einen bis zu 50 % aufwachsenden Anteil des Nürnberger Stroms aus dem Umland. Der Großstadtverbrauch liege bei rund 3.400 Gigawattstunden pro Jahr. Die 27.000 Ökostromanlagen in Westmittelfranken produzierten 2013 rund 1.600 Gigawattstunden.

Zum Vorstandsvorsitzenden wurde in der Gründungsversammlung der Diplomvolkswirt Robert Spanheimer (38) gewählt, der bereits in der Rhön Energiegenossenschaften aufgebaut hat. Den Aufsichtsrat repräsentiert der 64-jährige Bundestagsabgeordnete Josef Göppel, von dem die Initiative zu dieser Genossenschaftsgründung ausging. Für ihn „sichert die gebündelte Einspeisung den Kleinerzeugern auch nach der 20-jährigen EEG-Frist einen verlässlichen Absatzmarkt. Für die Kunden bringt der regionale Energiepool vor der eigenen Haustür Versorgungssicherheit und langfristige Ersparnisse bei den Netzkosten.“ Göppel betont, dass mit diesem Modell die Energiewende in den Händen der Bürger bleibe und nicht an Großkonzerne mit anonymen Aktieneignern zurückfalle. Die regionale Versorgung über Stadtwerke sei auch deshalb so wichtig, weil diese ihre Kunden dazu motivieren könnten, den Verbrauch teilweise am Angebot auszurichten. Zusätzliche Kraft-Wärme-Kopplung, dezentrale Speicher und Einspar-contracting seien Teil der regionalen Wertschöpfungsstrategie. Eine solche Stromwirtschaft werde für die Kunden transparent und nachvollziehbar, der Strom bekomme ein Gesicht.

Das von der ersten Generalversammlung beschlossene Unternehmensleitbild nennt an erster Stelle den Aufbau einer regionalen Energiewirtschaft in solidarischer Gemeinschaft zwischen Erzeugern und Verbrauchern sowie zwischen ländlichen und städtischen Räumen in Franken. Der Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly unterstützt die Initiative aus dem Umland seiner Stadt. Damit wird nach seiner Meinung die Integration der erneuerbaren Energien in den Markt beschleunigt; die Energiewende komme einen realen Schritt voran.

Damit das mittelfränkische Modell auch andernorts eine sichere Basis findet, muss der gesetzliche Herkunftsnachweis für Strom noch auf die regionale Direktvermarktung ausgedehnt werden. Das EEG 2014 sieht eine Verordnungsermächtigung für Energieminister Sigmar Gabriel vor, eine entsprechende Regelung zu erlassen.

Mehr Informationen finden Sie unter www.regionalstrom-franken.de.

Artikel vom: 13.10.2014 11:08