Reaktivierung Gunzenhausen-Wassertrüdingen

Teil der historischen Bayerndiagonale Hof-Lindau

Wassertrüdingen, 17. Juni 2014 - Zwischen Gunzenhausen und Wassertrüdingen werden wieder Personenzüge fahren. Diese Entscheidung gab der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bekannt, nachdem eine Potenzialuntersuchung des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg 1010 Fahrgäste pro Werktag erbracht hatte. Damit, so Herrmann, sei die wichtigste Hürde für Bahnreaktivierungen in Bayern übersprungen. Der Freistaat werde nun einen regionalen Zugverkehr auf dieser Strecke ausschreiben.

Diesem in der fränkisch-schwäbischen Grenzregion freudig aufgenommenen Ergebnis gingen jahrzehntelange Rückschläge voraus. 1985 stellte die Deutsche Bundesbahn den Personenverkehr zwischen Nördlingen und Gunzenhausen ein. Josef Göppel bemühte sich gleich nach seiner Wahl in den Bayerischen Landtag 1994 um eine Reaktivierung. Am 18. April 1998 teilte ihm das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie jedoch mit, dass der damalige Minister Otto Wiesheu entschieden habe, „eine Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs auf der Strecke Nördlingen-Gunzenhausen nicht weiter zu verfolgen.“ Göppel bemühte sich daraufhin zusammen mit den betroffenen Kommunalpolitikern um Zwischenlösungen, damit wenigstens die Gleiskörper erhalten werden konnten. 1999 pachtete die Bayern Bahn, eine Tochtergesellschaft des Bayerischen Eisenbahnmuseums Nördlingen, die Strecke von der DB an. 2003 fuhren gelegentlich wieder Züge, allerdings von historischen Dampflokomotiven gezogen. 2004 gelang es, einen Teil des Güterverkehrs der in Wassertrüdingen ansässigen Kosmetikfirma Schwarzkopf auf die Bahn zu verlagern.

2009 unternahmen die Landkreise Weißenburg-Gunzenhausen, Ansbach und Donau Ries auf Initiative von MdB Göppel und der Entwicklungsgesellschaft Region Hesselberg einen erneuten Vorstoß zur Wiederaufnahme des regulären Personenverkehrs. Die Untersuchungen zogen sich hin. 2012 lag dann ein enttäuschendes Ergebnis vor. Auf der Strecke Gunzenhausen-Wassertrüdingen erbrachten die Berechnungen nur 910 Reisende pro Werktag; auf der Gesamtstrecke Gunzenhausen-Nördlingen gar nur 770 Fahrgäste. Die Landräte Gerhard Wägemann, Dr. Jürgen Ludwig, Landtagsabgeordneter Manuel Westphal sowie Bürgermeister Günther Babel aus Wassertrüdingen ließen im Verein mit Göppel jedoch nicht locker. Sie drangen auf verfeinerte Untersuchungen mit einer aktuelleren Datenbasis. So verlangten sie, die seit der Volkszählung 1987 entstandenen Baugebiete einzubeziehen. Das brachte nun den ersehnten Erfolg.

2019 findet in Wassertrüdingen die sogenannte Kleine Landesgartenschau statt. Bis dahin sollen die Züge rollen. Kritiker bemängeln, dass nur 15 der 39 Kilometer langen Strecke zwischen Gunzenhausen und Nördlingen reaktiviert werden. Die Initiatoren wollen dieses Ziel im Auge behalten, aber deswegen den Start nicht aufschieben.

Bei der Strecke Gunzenhausen-Nördlingen handelt es sich um einen Teil der Bayerischen Ludwig-Süd-Nord-Bahn zwischen Lindau und Hof, die 1849 eröffnet wurde. Über ein halbes Jahrhundert stellte sie die kürzeste Verbindung für Augsburg nach Nürnberg und Berlin dar. Erst 1906 ging nämlich die Strecke von Donauwörth nach Treuchtlingen in Betrieb. Von da an geriet die Trasse der Ludwig-Bahn ins verkehrstechnische Abseits. Ihre mächtigen Brückenbauwerke und der solide Gleiskörper zeugen aber heute noch von ihrer einstigen Bedeutung. Davon profitiert die Reaktivierung, denn die soliden Bauwerke erfordern deutlich weniger Investitionsaufwand als andere Strecken in Bayern.

Artikel vom: 23.06.2014 11:01