Mehr Rücksicht auf natürliches und kulturelles Erbe

Resolution des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege

Dessau, 21. September 2006 - Der Deutsche Verband für Landschaftspflege als Dachverband von 140 regionalen Landschaftspflegeverbänden und Biologischen Stationen verlangt von allen politischen Ebenen mehr Rücksicht auf das gewachsene Natur- und Kulturerbe. Insbesondere die von der UNESCO anerkannten Weltkulturerbestätten dürfen nicht dem Kommerz geopfert werden. Darüber hinaus ist die Landschaftskonvention des Europarates zeitnah zu unterzeichnen um eine Selbstverpflichtung zur Sicherung unseres kulturellen Landschaftserbes abzugeben.

Deutschland hat vielfältige attraktive Kulturlandschaften, die unserem Land ganz wesentlich sein Gesicht geben. Ob Schwarzwald oder Elbtal, Wattenmeer oder Alpen, Erzgebirge oder Eifel - die Sicherung des Charakters unseres Landes gehört zum Herzstück einer nachhaltigen Politik. Die unverwechselbaren Eigenarten einer jeden Landschaft geben vielen Menschen emotionalen Halt in der globalen Zivilisation. Je mehr die Welt vernetzt wird, desto wichtiger ist die Verwurzelung in der heimatlichen Landschaft und dem vertrauten Lebensumfeld. Wir fordern alle Verantwortlichen in der Politik auf, behutsamer mit dem natürlichen und kulturellen Erbe umzugehen. Wir sagen ja zu Veränderungen, aber sie müssen sich in den Gesamtcharakter eines Gebietes einordnen und die weitere Funktionsfähigkeit natürlicher Abläufe gewährleisten.

In Deutschland sind aktuell 32 Welterbestätten von der UNESCO anerkannt. Selbst bei diesen weltweit bedeutenden Stätten kommt es immer wieder zu Problemen für den Landschaftsschutz. (1) So hat im Juli das UNESCO-Komitee entschieden, das Welterbe Dresdner Elbtal auf die Liste gefährdeter Stätten zu setzen. Ursache ist ein geplanter autobahnähnlicher Brückenbau über die Elbe. Das Komitee wies darauf hin, dass bei Umsetzung des Brückenbaus das Dresdner Elbtal von der Welterbeliste gestrichen wird. Dies wäre ein bisher einmaliger Vorgang! Auch in anderen deutschen Welterbestätten gibt es Konflikte, so wegen eines geplanten Windparks im Blickfeld der Wartburg oder wegen einer diskutierten Brücke unweit der Loreley im Oberen Mittelrheintal.
Die Landschaftskonvention des Europarates haben bisher 24 der 45 Mitgliedsstaaten unterzeichnet, z.B. Zypern, Frankreich, Italien oder die Türkei. (2) Deutschland fehlt bisher - kein Ruhmesblatt für unsere große Kulturnation.
Der Deutsche Verband für Landschaftspflege fordert Bund und Länder auf,

dem Thema Landschaftserhalt eine wesentlich höhere Bedeutung in der praktischen Politik zu geben,
in der Agrarpolitik den Bereich Kulturlandschaft stärker zu gewichten und eine bessere Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirte dauerhaft als wichtige Dienstleistung zu verankern,
auf internationaler Ebene in Bezug auf die Landschaft eine aktivere Rolle zu übernehmen (Unterzeichnung der Landschaftskonvention, Vorbildfunktion im Umgang mit UNESCO-Welterbestätten, offensive Umsetzung von Natura 2000 sowie konkrete Strategien gegen den Artenrückgang).
(1) 1972 hat die UNESCO das "Internationale Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verabschiedet. Inzwischen haben es 180 Staaten, darunter Deutschland, unterzeichnet. Es ist das international bedeutendste Instrument zum Schutz des kulturellen und natürlichen Erbes, das die internationale Völkergemeinschaft beschlossen hat. Kriterien für die Auszeichnung als Welterbe sind dessen universeller Wert, die Einzigartigkeit, die Authentizität eines Kulturdenkmals bzw. die "Integrität" einer Naturerbestätte sowie ein guter Erhaltungszustand. Zum UNESCO-Kulturerbe gehören z.B. Baudenkmäler, Stadtensembles und Kulturlandschaften. Das Naturerbe umfasst geologische Formationen, Fossilienfundstätten, Naturlandschaften und Schutzreservate von Tieren und Pflanzen. Weltweit sind heute 830 Stätten in 138 Ländern auf der UNESCO-Liste des Welterbes verzeichnet.

(2) Die Europäische Landschaftskonvention wurde im Jahr 2000 zur Unterzeichnung durch die Mitgliedsstaaten eröffnet. Zentrales Ziel der Konvention ist es, den Schutz, die Pflege und die Gestaltung der Landschaft zu fördern und die europäische Zusammenarbeit in Landschaftsfragen zu organisieren.

Artikel vom: 21.09.2006 15:30