Ländlicher Raum wieder ein Thema

Parteiübergreifende Initiativen


Aktuelle Initiativen zum Thema ländlicher Raum:
Neumarkt/Oberpfalz, 16. September 2006 - Der Arbeitskreis Umwelt und Landesentwicklung der CSU eröffnet den Reigen mit einem Positionspapier, das konkrete Forderungen an Europa, Bund und Land enthält.
Die CSU-Umweltpolitiker regen an, medizinische Versorgung, Einzelhandel und kulturelles Angebot auf dem Land neu zu organisieren. Ländliche Netzwerke von Bürgern, Wirtschaft, Vereinen, Verbänden und Politikern sollten gemeinsam für ihre Regionen tätig werden. "Das darf keine geschlossene Veranstaltung der Politiker sein", sagte Vorsitzender Josef Göppel. Ländliche Räume seien die stabilisierenden Elemente eines jeden Staates. In Deutschland umfassten sie knapp die Hälfte der Bevölkerung auf 70 % der Fläche. Es bedürfe einer gezielten Strategie für die Zusammenarbeit von Metropolregionen und ländlichem Raum. Starke Zentren gebe es nur mit intaktem Umland. Ländliche Gebiete seien nicht nur Waggons, die an die Lokomotive Metropolregionen angehängt sind, wie Verkehrsminister Tiefensee meine.
Bei Förderprogrammen sollten Gemeinden und Kreise stärker mitentscheiden können. Josef Göppel fordert, dass aus dem europäischen Programm für die ländlichen Räume künftig solche Leistungen finanziert werden müssen, die der Markt von sich aus nicht erbringt. Das sei einerseits die kommunale Grundinfrastruktur und andererseits die Pflege der Kulturlandschaft. Konkret bedeute das zum Beispiel die Förderung von Breitbandanschlüssen in dünn besiedelten Gebieten.
Zum Regionalmanagement in kommunalen Allianzen sagt Göppel: "Das darf nicht an staatlichen Behörden aufgehängt sein. Es muss von unten her wachsen, von der Kommunalpolitik und aktiven Bürgergruppen getragen."
Dessau, 21. September 2006 - Treffen der deutschen Landschaftspflegeverbände und Regionalinitiativen. Sie fordern, in der ländlichen Entwicklungspolitik dürfe nicht am falschen Ende gespart werden. Die Bundesrepublik verfüge durch den Beschluss, die Zahlungen der Mitgliedstaaten in den EU-Haushalt von 1,24 % auf 1,05 % des Bruttonationaleinkommens abzusenken, ab dem Jahr 2007 über einen zusätzlichen finanziellen Spielraum von rund 5 Mrd. Euro jährlich. Dieser Spielraum sollte für die ländliche Entwicklung genutzt werden. Lebendige ländliche Räume böten ein gesundes Gegengewicht zur Metropolenbildung in Europa.
Amberg, 29. September 2006 - Kongress der bayerischen Staatsregierung zum ländlichen Raum. Ministerpräsident Stoiber kündigt an, ab 2007 würden aus dem Staatshaushalt 40 Mio. € zusätzlich für Investitionen von Unternehmen in ländlichen Gebieten gezahlt. "Das ist eine politische Leitentscheidung, das ganze Land konsequent nach vorne zu entwickeln und nicht einseitig auf die Ballungszentren zu setzen."
Wirtschaftsminister Erwin Huber sagte, eine Studie des bayerischen Wirtschaftsministeriums zeige anhand der von der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung ermittelten Kaufkraft je Einwohner, dass auf dem Land vielfach zwar weniger verdient werde, am Ende des Monats aber dennoch mehr im Geldbeutel bleibe, als in der Stadt. So liege gemessen an der nominalen Kaufkraft in München (= 100) unter Berücksichtigung der wesentlich niedrigeren Mieten der reale Kaufkraft-Index etwa für Ansbach bei 110,9. In Nürnberg liege die nominale Kaufkraft mit 82,4 deutlich unter der von München (100), unter Berücksichtigung der niedrigeren Mieten erreiche die reale Kaufkraft aber den Index 101,2.
Dentlein am Forst, 1. Oktober 2006 - Tag der Regionen als zentrale Veranstaltung des Bundesverbandes der Regionalinitiativen. Hauptredner ist Bundesminister Horst Seehofer, Schirmherr des Treffens MdB Josef Göppel. Seehofer bezeichnet solche Aktivitäten als einzig richtige Antwort auf die Globalisierung. Er ruft dazu auf, die Regionen stark zu machen und rät zu einem Miteinander von Stadt und Land. Regionale Produktion und Vermarktung seien ein guter Weg, um Lebensmittelskandalen vorzubeugen. Er werde sich dafür einsetzen, die Förderprogramme für den ländlichen Raum auch in Zukunft wirksam zu erhalten.
Josef Göppel bezeichnet die Kürzung der europäischen Mittel für ländliche Räume (ELER-Programm) als falsche politische Weichenstellung. Gerade in Gebieten mit hoher Eigeninitiative sei dieser Anschub wichtig. Handwerk, Mittelstand und Landwirtschaft kämen sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern unter Druck. Den Wortlauf seiner Rede finden Sie hier.
Berlin, 5. Oktober 2006 - Bundeskongress ländlicher Räume. Minister Horst Seehofer zeigt sich in seiner Eingangsrede sichtlich motiviert vom Besuch beim Tag der Regionen: "Ich habe erst am vergangenen Wochenende in Mittelfranken bei der Hesselbergregion erlebt, welcher Aufbruch dort stattfindet. 1100 Menschen engagieren sich aktiv für die Entwicklung ihrer Heimat. Es ist eine Freude, das zu erleben."
Seehofer verweist auf Artikel 72 des Grundgesetzes, in dem das Gebot zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse verankert ist. Er sagt: "Ich halte am Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ausdrücklich fest. Das Ziel, Europa zum wettbewerbsfähigsten Raum der Erde zu machen, wird sich nur erreichen lassen, wenn neben den Ballungsgebieten auch die ländlichen Räume ihr Potential entfalten... Das zweite große Standbein ihrer Wirtschaft bilden neben der Landwirtschaft die vielen mittelständischen Betriebe und das Handwerk. Handwerker machen eine Region stark."
Prof. Holger Magel von der bayerischen Akademie Ländlicher Raum plädiert für eine ökosoziale Marktwirtschaft. Er sagt, die jetztigen Förderprogramme seien noch zu sehr landwirtschaftlich ausgerichtet. "Wir dürfen nicht nur die Fische füttern, sondern müssen auch für sauberes Wasser im Aquarium sorgen. Das verlangt mehr kommunale Verantwortung." Die Mobilisierung des Bürgerengagements sei der Schlüssel für die Zukunft. Die Übernahme konkreter Verantwortung im eigenen Lebensbereich sei mehr als mitreden lassen.
Auch SPD und Grüne hielten inzwischen eigene Kongresse zum Thema ländliche Räume ab. Inhaltlich kamen sie zu ähnlichen Ergebnissen.

Artikel vom: 05.10.2007 17:21