Griechenland: Mit Besonnenheit aus der Zwickmühle

Bankenrettung und Strukturreformen klar trennen

Berlin, 27. März 2015 - Griechenland droht nach Einschätzung der Europäischen Kommission Anfang April die Zahlungsunfähigkeit. Schrille Töne und Schuldzuweisungen bestimmen die Debatte um ein weiteres Rettungspaket.

Der Ansbacher Bundestagsabgeordnete Josef Göppel mahnt zur Besonnenheit: "Bundesfinanzminister Schäuble vertritt in schwierigen Verhandlungen Deutschlands Interessen wirkungsvoll. Die neue griechische Regierung wird keine weiteren Hilfen ohne Reformen erhalten. Gleichzeitig darf aber nicht vergessen werden, dass 77% der Hilfszahlungen direkt an Banken der Geberländer zurückgeflossen sind. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass das Sicherungssystem für künftige Bankenkrisen schneller aufgebaut wird. Deshalb fordere ich die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Bankenrettung und Strukturreformen müssen künftig klar getrennt werden."

Göppel hatte im Jahr 2011 gegen die Erweiterung des Eurorettungsschirms gestimmt, weil ihm die Fortschritte bei der Finanzmarktregulierung und insbesondere der Finanztransaktionssteuer nicht ausreichten. Er konnte es nicht vertreten, dass Steuergelder eingesetzt werden, ohne gleichzeitig das Problem an den Wurzeln zu packen.

Er sieht sich durch die Entwicklungen in Griechenland bestätigt: Von den 78 Milliarden aus den Raten des ersten Rettungspakets in den Jahren 2010 und 2011 landeten 55 Milliarden bei Banken, Privatinstituten und Versicherungen. Nur 18 Milliarden waren für Strukturhilfen in Griechenland.

Die deutschen Steuerzahler bürgen also für Kredite, von denen kaum etwas bei der normalen griechischen Bevölkerung ankam. Das Land hat Anpassungen hinter sich, die für große Teile der Bevölkerung sehr schmerzhaft waren. Das griechische jährliche Durchschnittseinkommen lag vor der Krise laut OECD im Jahr 2009 bei 22 056 Euro (Deutschland 32 261 Euro), im Jahr 2013 bei 18 495 Euro (Deutschland 35 943 Euro), das entspricht einem Rückgang von 17%!

Die neue griechische Regierung hat aus Göppels Sicht zumindest einen Vorteil: Sie sei nicht in den Filz der vergangenen Jahrzehnte verstrickt. Sie werde daran zu messen sein, dass sie nun die Korruption bekämpfe und angemessene Steuerzahlungen der Reichen durchsetze. Die Fortschritte müssten von der EU streng kontrolliert werden. Länder wie Irland, Portugal oder Spanien hätten sich in den vergangenen Jahren mit Strukturreformen erfolgreich aus der Krise gearbeitet.

Göppel appelliert: "Die Europäische Union sichert den Frieden durch Ausgleich und Zusammenhalt. Was noch vor 10 Jahren wie eine abgedroschene Phrase geklungen hat, gewinnt eine neue Bedeutung angesichts der Krisen in den östlichen und südlichen Nachbarregionen. Deshalb unterstütze ich die besonnene Griechenlandpolitik der Bundeskanzlerin. Der Preis für eine Spaltung der europäischen Staatengemeinschaft wäre hoch."

Artikel vom: 27.03.2015 11:22