Göppel für Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer

Aktueller Diskussionsstand in Spiegel-online

Berlin, 05. November 2007 - Die Pendlerpauschale steht wieder im Zentrum der politischen Debatte. Severin Weiland von Spiegel-online fasste den aktuellen Diskussionsstand in zwei Artikeln zusammen, die wir Ihnen hier präsentieren. Darin finden Sie auch die Position von MdB Josef Göppel. Er argumentiert aus der Sicht der Bevölkerung in den ländlichen Räumen.

"Die SPD strebt eine Rücknahme der Kürzung bei der Pendlerpauschale an. SPD-Fraktionschef Peter Struck dämpft jedoch ebenso wie Bundesfinanzminister Steinbrück Hoffnungen über eine Rückkehr zur alten Lösung. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Struck, es müsse ernsthaft diskutiert werden, "ob wir schon ab dem ersten Kilometer etwas zahlen können statt ab dem 21." - dann könnten aber nicht mehr 30 Cent pro Kilometer gezahlt werden, sondern nur deutlich weniger. "Vielleicht nur 20 Cent", sagte er.

Dagegen wandte sich im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE der CSU-Umweltpolitiker Josef Göppel. "Ich werde in der Unionsfraktion dafür werben, dass die Untergrenze von 25 Cent nicht unterschritten wird", so der Bundestagsabgeordnete am Donnerstag. Ein Absenken auf 20 Cent würde sich für den einzelnen nicht mehr rechnen.

Göppel sprach sich für die Anrechnung bereits ab dem ersten Kilometer aus. Der Umweltobmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verwies auf seinen eigenen Wahlkreis Ansbach. In zahlreichen Gemeinden finde ein schleichender Wegzug junger Menschen statt. "Berufstätige Familienmütter und -väter sagen mir oft, dass die Korrektur der Pendlerpauschale auch ein Signal wäre, im ländlichen Raum leben und wohnen zu bleiben". In der Abwägung zwischen einer gleichmäßigen Besiedlung des ländlichen Raumes und umweltpolitischen Aspekten würde er sich daher "für das erstere entscheiden", verteidigte Göppel seinen Einsatz für eine Korrektur der Pendlerpauschale. In der Vergangenheit war die Pendlerpauschale auch wegen der Zersiedlung im Umfeld größerer Städte kritisiert worden.

Union und SPD hatten die Pendlerpauschale zu Jahresbeginn drastisch verringert. Erst ab dem 21. Kilometer kann man Arbeitsfahrten seither noch von der Steuer absetzen. Doch 2008 steht eine heikle Entscheidung des Verfassungsgerichts über genau diese Kürzung an - nachdem der Bundesfinanzhof schon vor Monaten Zweifel daran geäußert hatte, dass die Kürzung verfassungsgemäß war. Am Wochenende preschte Struck entgegen seiner ursprünglich zögerlichen Haltung nun mit einer Überraschungs-Initiative vor und kündigte an, dass Arbeitnehmer künftig wieder den vollen Arbeitsweg steuermindernd anerkannt bekommen sollen. Ab dem ersten Kilometer.

Damit überrumpelte er CDU und CSU - die sich nun nicht einig sind wie sie mit dem Vorschlag umgehen sollen. Markus Söder (CSU), neuer Minister für Europa- und Bundesangelegenheiten in Bayern, sagt SPIEGEL ONLINE: "Als Flächenstaat waren wir mit der Kürzung der Pendlerpauschale nie wirklich glücklich." Sie sei ursprünglich ein finanztechnisches Instrument gewesen, um den Bundeshaushalt zu entlasten: "Wir stehen daher einer möglichen Korrektur offen gegenüber." Das helfe auch dem Arbeitsmarkt, weil die Pendlerpauschale ein Stück weit Mobilität fördere. Söder sieht nun erstmal Peer Steinbrück (SPD) in der Pflicht: "Jetzt ist es am Bundesfinanzminister, entsprechende pendlerfreundliche Berechnungen auf den Tisch zu legen."

Ganz anders klingt das im anderen südlichen Flächenstaat Baden-Württemberg bei Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU). Steinbrück habe seinerzeit die Kürzung der Pendlerpauschale in die Beratungen zwischen Union und SPD eingebracht, man habe das dann gemeinsam beschlossen - und er sehe "keinen Grund, davon abzurücken", sagte Oettinger der "Frankfurter Rundschau".

Wieder anders ist die Lage in Niedersachsen, wo Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) um seine Wiederwahl im kommenden Frühjahr kämpft. Er forderte in der "Bild"-Zeitung, die Koalition solle sich "schnell über eine Pendlerpauschale bereits ab dem ersten Kilometer von rund 25 Cent pro Kilometer ab dem 1. Januar 2008 verständigen". Dies sei für das Flächenland Niedersachsen besonders bedeutsam - auch wenn es Ausfälle bei den Steuereinnahmen mit sich bringe.

Der größte Flächenstaat Nordrhein-Westfalen fordert ebenfalls eine Korrektur. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), derzeit in Japan, lässt sein Finanzministerium die Lage erklären: Man habe schon bei der Kürzung zu Jahresbeginn Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit gehabt, sagt Sprecherin Stephanie Hagelüken SPIEGEL ONLINE. Nordrhein-Westfalen halte die Pendlerpauschale an dem ersten Kilometer für sinnvoll. Über die Höhe der Kilometersätze solle Steinbrück Vorschläge unterbreiten, die auch die Haushaltslage der Bundesländer berücksichtigen.

Dass die CDU-regierten Länder bei der Pendlerpauschale so weit auseinander liegen, kommentiert Hagelüken trocken: "Wir haben da offensichtlich unterschiedliche Auffassungen."

Doch die Unstimmigkeiten verärgern manchen in den eigenen Reihen. "Es findet einfach keine tiefere Situationsanlayse statt", heißt es in Spitzenkreisen der Union: "Wir laufen Gefahr, den Sozialdemokraten hinterherzurennen." Besonders bedauerlich sei, "dass angesichts der Klimadebatte in der jetzigen Diskussion gar nicht daran erinnert wird, dass mit der Reform der Pendlerpauschale möglicherweise zusätzlicher Verkehr gefördert wird".

Merkel steht generell zu Steinbrück

Die Widersprüche in der Union verdecken, dass sich auch die SPD im Detail nicht darüber klar ist, wie die Pauschale reformiert werden soll. So hat Steinbrück zwar Verständnis für die Diskussion. Doch der Minister macht zugleich deutlich, dass die Haushaltssanierung Priorität hat - also an anderer Stelle gekürzt werden muss, wenn man Wohltaten an die Pendler verteilt. Schließlich hat die Regierung durch die Kürzung zu Jahresbeginn 2,5 Milliarden Euro gespart. Im Gespräch ist nun als Lösung eine Senkung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, mit dem Beschäftigte ihre Steuerlast drücken können. In der SPD geht außerdem die Idee um, zur Finanzierung der neuen Reform die Pendlerpauschale deutlich zu kürzen: von jetzt 30 Cent pro Kilometer auf 20 bis 25 Cent.

Kanzlerin Angela Merkel hält generell zu ihrem Minister Steinbrück - lässt sich aber auf keine konkreten Zahlen festlegen. Der Finanzminister habe deutlich gemacht, dass es bei den 2,5 Milliarden Euro Sparsumme bleiben müsse, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zum Thema. Auf die Frage, ob sich auch Merkel auf diese Summe festlege, antwortete er: Er könne und wolle den Berechnungen und Überlegungen des Finanzministers nicht vorgreifen. Die Kanzlerin unterstütze aber Steinbrück "vorbehaltlos" bei der Haushaltskonsolidierung.

Erst das Arbeitslosengeld I, jetzt die Pendlerpauschale - manche in der Union warnen schon davor, dass Reform-Rücknahmen nicht die Regel werden dürfen. "Wir müssen schon aufpassen, dass wir am Ende nicht ein Bündel von Maßnahmen beschließen, die uns den Aufschwung kaputt machen", sagt Söder. Man brauche Maßnahmen, die den Erfolg beschleunigen und Arbeitsplätze schaffen. Der ehemalige CSU-Generalsekretär wirft der SPD vor, nur an Parteitaktik zu denken und nicht an das Land: "Wer in der Regierung sitzt, sollte auch die gemeinsamen Erfolge in der Großen Koalition herausstreichen."

Artikel vom: 05.11.2007 14:55