Eckpunktepapier für EEG 2016 veröffentlicht

Göppel: Bürgerbeteiligung in ernster Gefahr

Berlin, 8. Dezember 2015 - Das Bundeswirtschaftsministerium hat seine Pläne zur Einführung von Ausschreibungen zur Förderung erneuerbarer Stromerzeugung vorgestellt. Sie finden die Eckpunkte hier.

MdB Josef Göppel sieht das Vorhaben kritisch: "Mit der Einführung von Ausschreibungen im EEG wird sich die Situation für die Anlagen in Bürgerhand völlig neu darstellen. Die Stromerzeugung wird nicht einfacher, sondern bürokratischer, sie wird auch nicht billiger, sondern teurer. Die breite Beteiligung an der Energieerzeugung ist in ernster Gefahr. Die Ergebnisse der Pilotausschreibungen für die Fotovoltaik belegen dies. Will das Bundeswirtschaftsministerium die Stromversorgung wieder in die Hände der „alten Profis“ führen?" Selbst die EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager schreibe in einem Brief vom 12.02.2015 an deutsche Bundestagsabgeordnete: „Kleinere Projekte, die eine gewichtige Rolle beim Umbau der Energieversorgung spielen, befinden sich in einer besonderen Lage. Ausschreibungen sind möglicherweise nicht das richtige Instrument für kleine Projektträger.“

Auch aus Sicht der EU-Kommission besteht also bei der Einführung von Ausschreibungen die Gefahr der Verdrängung kleiner und mittlerer Akteure. Gerade diese lokal verankerten Unternehmen sind für die Akzeptanz der Energiewende unabdingbar. Ebenso bedeutsam sind Bürgerbeteiligungen auch, um die Finanzierung der Energiewende sicherzustellen. In den europäischen Nachbarländern ist – anders als in Deutschland – kein vergleichbar ideenreicher und lebendiger Mittelstand im Energiebereich entstanden. Kleinere und mittlere Akteure, wie mittelständische Projektierer und Bürgerenergiegesellschaften, können das Risiko eines Nichtzuschlags nicht streuen. Dieses Problem kann nicht nur durch eine „nette Beratung“ behoben werden. Fehler im Ausschreibungsdesign können irreparablen Schaden anrichten.

Der Bundesrat hat deshalb am 6. November beschlossen: „Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die De-Minimis-Regelung der Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien in den Regierungsentwurf zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz 2016 aufzunehmen. Alle rechtlich möglichen Maßnahmen sind zu ergreifen und zu nutzen, um die bisher für den Erfolg der Energiewende notwendige Akteursvielfalt aufrecht zu erhalten.“ Für Photovoltaikanlagen unterstützt Göppel den Vorschlag des BMWi, die EU-Freigrenze von einem Megawatt voll auszuschöpfen. Er fordert wie der Bundesrat auch die Freigrenze von 6 Anlagen bei der Windkraft an Land zu nutzen. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum europäische Vorgaben immer 1:1 umgesetzt werden sollen und an einer zentralen Stelle die ausdrückliche Empfehlung der Kommission in den Wind geschlagen wird! 

Für Biogasanlagen müsse rasch eine Anschlussregelung für den Weiterbetrieb von Anlagen nach dem Auslaufen der EEG-Förderung gefunden werden. Biogasanlagenbetreiber wollen ihre Anlagen systemdienlich betreiben und umrüsten. Das ist mit zusätzlichen Investitionen verbunden. Ohne klare Rahmenbedingungen nach dem Auslaufen der EEG-Förderung fehlt die Investitionssicherheit. Deshalb sollten neben neuen auch Bestandsbiogasanlagen an Ausschreibungen teilnehmen können, wenn sie auf eine flexible Fahrweise umrüsten. Für Kleinstanlagen und Bioabfallanlagen sollen die Bedingungen des EEG 2014 weitergelten. Die Einbeziehung von Bestandsanlagen bietet die Chance, die EEG-Kosten zu senken und gleichzeitig Biogasanlagen gezielt als systemdienliches Element der Energiewende zu stärken. Biogasanlagen müssen künftig neben Ausgleichsenergie auch Systemdienstleistungen wie Frequenzhaltung oder Schwarzstartfähigkeit bereitstellen.

Die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums im Überblick:

Die Ausschreibungen sollen über 80 Prozent des Stroms erfassen, der in neuen Erneuerbare-Energien-Anlagen produziert wird. Dafür wird Folgendes vorgeschlagen:

Windenergie an Land

Bei Windenergieanlagen an Land wird die Ausschreibung für Projekte durchgeführt, die bereits über eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz verfügen ("späte Ausschreibung"). Daneben wird nur eine geringe finanzielle Sicherheit in Höhe von 30 Euro pro Kilowatt installierter Leistung gefordert. Die Anlagen sollen innerhalb von zwei Jahren nach Zuschlagserteilung errichtet werden. Danach wird sukzessive eine Vertragsstrafe ("Pönale") fällig. Nach insgesamt 30 Monaten verfällt der Zuschlag; er kann jedoch einmalig im Falle einer Klage verlängert werden.

Windenergie auf See (Offshore)

Für Windenergieanlagen auf See soll die Ausschreibung in einem zentralen Modell erfolgen. Dies bedeutet, dass zentral von einer Behörde eine Fläche für zwei Windparks pro Jahr mit z. B. jeweils 400 Megawatt vorentwickelt und die Bieter in der Ausschreibung um die Errichtung eines Windparks auf dieser Fläche konkurrieren. 

Photovoltaik

Bei der Photovoltaik wird das momentane Ausschreibungsverfahren für Freiflächenanlagen evaluiert und basierend auf den Ergebnissen angepasst. Photovoltaikanlagen auf baulichen Anlagen (wie Deponien und versiegelten Flächen) und auf Gebäuden mit jeweils einer installierten Leistung von über 1 Megawatt sollen an der Ausschreibung teilnehmen. Kleine und mittlere Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 1 Megawatt sollen von der Ausschreibung ausgenommen werden. Für diese Anlagen bleiben die Regelungen des EEG 2014 einschließlich des ggf. anzupassenden atmenden Deckels erhalten.

Biomasse

Bei Biomasse wird zunächst keine Ausschreibung vorgeschlagen. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft, wie eine Ausschreibung für Neuanlagen unter Einbeziehung von Bestandsanlagen sinnvoll sein kann. Bis zum Abschluss dieser Prüfung und einer sich ggf. daraus ergebenden Neuregelung bleiben die bestehenden Regelungen des EEG 2014 für Biomasseanlagen erhalten.

Wasserkraft

Bei Wasserkraft soll ebenfalls auf eine Ausschreibung verzichtet werden. Die Zubaupotenziale beschränken sich fast ausschließlich auf Modernisierung und Erweiterung bestehender Wasserkraftanlagen. Die Anzahl der größeren Anlagen mit nennenswertem Modernisierungsbedarf und Erweiterungspotenzial ist verhältnismäßig gering. Es wäre also bei einer Ausschreibung nicht mit einem relevanten Wettbewerb zu rechnen. Aus diesem Grund soll die Förderung im Rahmen des EEG 2014 erhalten bleiben.

Artikel vom: 17.12.2015 15:48