E 10

Hintergründe und Fakten

E 10 schafft viel Unsicherheit. Viele Deutsche haben Angst vor Motorschäden. Entscheidend für mehr Vertrauen ist die Haftung der Autoindustrie für Schäden, die trotz angegebener Verträglichkeit eintreten. Der Preisabstand von 9 Cent zum Erdöl-Super wird letztlich doch mehr Autofahrer dazu bringen, E 10 zu tanken.

Viel schwieriger ist die Frage: Wie umweltverträglich ist E 10?

Die Vorgeschichte

Bis 2006 waren reine Pflanzenkraftstoffe steuerfrei. Deswegen bauten viele Spediteure ihre Lastwagen um und verwendeten kalt gepresstes Rapsöl im Tank. Das funktionierte einwandfrei. Gleichzeitig erzeugten bäuerliche Genossenschaften immer mehr Biodiesel, verestertes Rapsöl, das man ohne den Umbau des Motors fahren konnte. In Straubing entstand beispielsweise eine solche Fabrik mit Kapitalanteilen von 300 Landwirten.

Die große Koalition beendete die Steuerfreiheit der Biotreibstoffe und setzte statt-dessen auf die Beimischung von Pflanzenöl zum Diesel und von Bioethanol zum Benzin. Dafür hatten sich im Hintergrund die Mineralölkonzerne stark gemacht, weil sie so die Wertschöpfung aus der Verarbeitung in ihre Raffinerien holen konnten. Auch die Autoindustrie warb auf europäischer Ebene vehement für die Beimischung von Pflanzenkraftstoffen. Dadurch konnte sie eine stärkere Reduzierung des CO2-Ausstoßes der Motoren abwenden. Landwirte, Ölmühlen und Spediteure waren die großen Verlierer dieses Kurswechsels.

2007 legten die europäischen Regierungschefs fest, dass bis 2020  10 % des Energiebedarfs im Verkehr aus Pflanzentreibstoffen kommen muss. Die EU ließ den Mitgliedsstaaten die Wahl zwischen der Förderung pflanzlicher Reinkraftstoffe oder dem Weg der Beimischung. Nun kam neben der Beimischung von Pflanzenöl zum Diesel auch immer mehr der Zusatz von Ethanol aus Getreide und Zuckerrüben zum Benzin in die Diskussion.

Sind Pflanzen als Kraftstoff überhaupt sinnvoll? Vergleicht man den Energieertrag von einem Hektar Ackerland, so lässt sich mit der direkten Verbrennung am meisten herausholen. Die Stromerzeugung in einer Biogasanlage verliert dagegen schon 20 % Wirkungsgrad. Rapsöl schneidet um 70 %, Ethanol aus Getreide gar um 80 % schlechter ab. Die Herstellung flüssiger Kraftstoffe aus Pflanzen ist ökologisch grenzwertig und außerdem teuer.

Wie steht es mit der Klimabilanz von Pflanzenkraftstoffen?

Anbau, Transport und Verarbeitung der Feldfrüchte schlucken viel Energie. Ethanol aus Weizen spart gegenüber Benzin nur 20 % Treibhausgase ein. Zuckerrüben schneiden mit 50 % etwas besser ab. Der Biotreibstoffanteil im E 10 spart also im Schnitt 35 % Treibhausgase ein. Eine Spur günstiger sieht es bei Biodiesel aus. Hier beträgt die Ersparnis gegenüber Erdöldiesel 40 %. Die beste Klimabilanz kann reines Rapsöl vorweisen, knapp 60 % Einsparung. Ein Auto mit 10 % Ethanolanteil fährt also um ganze 3,5 % umweltfreundlicher!

Der gleiche Effekt könnte mit einem Tempolimit von 130 Km/h erzielt werden. Selbst der ADAC stellt fest, dass Tempo 130 „Einsparungen von 1 bis 2 % bezogen auf den gesamten PKW-Verkehr“ bringt. Das wäre eine satte Million Tonnen Kraftstoffver-brauch weniger!

Reicht die Anbaufläche für Pflanzensprit?

Deutschland hat 17 Mio. ha landwirtschaftliche Nutzfläche. 12 Mio. ha davon sind Ackerland und 5 Mio. ha Wiesen. 2010 wurden auf 2,15 Mio. Hektar Pflanzen für Industrierohstoffe, Biogasanlagen und Treibstoffe angebaut. Die Ernte: 0,6 Mio.t Ethanol, das sind 3% des gesamten Benzinverbrauchs von 20 Mio. t. 2,5 Mio. t Rapsöl, das sind 8% des gesamten Dieselverbrauchs von 32 Mio. t.

Kann der Anbau nachwachsender Rohstoffe noch ausgedehnt werden? Ja, aber nur bis maximal 4 Mio. ha, darüber hinaus wäre die Nahrungsmittelversorgung beein-trächtigt. Es könnten also maximal 6 Mio. t. oder 12 % des Kraftstoffbedarfes im eigenen Land erzeugt werden.

Nun haben wir natürlich noch die anderen EU-Länder und Importe von Übersee. Derzeit kommen 90% unserer Pflanzenkraftstoffe aus der EU. Selbst hier gibt es ökologische Risiken. Wenn Pflanzenkraftstoffe auf umgebrochenen Wiesen oder auf Moorböden angebaut werden, kippt die Ökobilanz sofort ins Negative. Das gilt erst recht für Entwicklungsländer. Dort verursacht der Biokraftstoffexport Druck auf weitere Waldrodungen.

Schließlich spielen in diesem Wirkungsgefüge auch die Futtermittel für Tiere noch eine Rolle. Deutschland importiert Futtermittel, die einer Anbaufläche von 6 Mio. ha ent¬sprechen. Damit werden Höchstleistungen bei Milch und Fleisch erzielt. Der zusätzliche Dünger bleibt natürlich auf deutschen Feldern. Er führt hier zu einer Stickstoffanreicherung der Böden. Deshalb ist es kein Wunder, dass diese Importe immer stärker in die Kritik geraten. In Entwicklungsländern verdrängt der Anbau von Tierfutter für Europa Kleinbauern und ruft weitere Waldrodungen hervor.

Hat E 10 eine Zukunft?


Die Beimischung von Pflanzenkraftstoffen ist eine Übergangslösung. Für Personenautos sind Gas- und Stromantriebe effektiver. Biomethan hat zum Beispiel gegenüber Ethanol den 2 1/2 fachen Flächenertrag. Sinnvoll ist es hingegen, flüssige Kraftstoffe aus Pflanzen dort zu verwenden, wo sie wegen der erforderlichen Energiedichte mit nichts anderem ersetzt werden können. Das gilt für Lastkraftwagen, Baumaschinen und landwirtschaftliche Fahrzeuge. Dafür benötigen wir in Deutschland etwa 11 Mio. t. Kraftstoffe pro Jahr. Wenn wir wirklich weg wollen vom Erdöl, dann müssen wir die Pflanzenkraftstoffe auf diesen Bereich konzentrieren und in Reinform einsetzen. Damit ergäben sich auch kürzere Wege vom Erzeuger zum Endverbraucher. Die Vermarktungsweg wären durchschaubarer, die Herstellerverantwortung klarer einsehbar.

Zusammenfassende Empfehlung


Sie können E 10 beruhigt tanken, wenn Ihr Fahrzeugtyp in der Garantieliste des Herstellers genannt ist.

E 10 ist ökologisch dann in Ordnung, wenn für den Anbau keine Wiesen, Moore oder Wälder gerodet werden. Unter diesen Voraussetzungen spart Ethanol gegenüber Benzin ein Drittel CO2 ein.

E 10 ist nur eine Übergangslösung. Auf lange Sicht fahren Personenautos mit Strom- und Gasantrieben. Flüssige Kraftstoffe aus Pflanzen werden dort konzentriert, wo sie durch nichts anderes zu ersetzen sind, nämlich bei Lastkraftwagen, Baumaschinen und Agrarfahrzeugen.

Artikel vom: 11.03.2011 11:30