Ausschreibungen drängen Bürgerenergieprojekte aus dem Markt

Josef Göppel bereitet Initiative vor

Berlin, 19. Mai 2015 - Die erste Runde der Ausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen hat ein deutliches Ergebnis gebracht: Kein einziges Bürgerenergieprojekt hat den Zuschlag erhalten, 40% der Zuschläge gingen an ein einziges Unternehmen und Projekte über 5 MW dominieren. Dass im Koalitionsvertrag vorgegebene Ziel der Akteursvielfalt wurde klar verfehlt. 

Josef Göppel bereitet deshalb gemeinsam mit Abgeordneten der Regierungsfraktionen eine Initiative für die Sicherung der Bürgerbeteiligung an der Energiewende vor.

Die Ergebnisse der 1. Ausschreibungsrunde im Einzelnen:

Nach Angaben der Bundesnetzagentur haben 25 von 170 Bietern einen Zuschlag erhalten. Die erfolgreichen Gebotswerte reichen von 8,48 ct/kWh bis 9,43 ct/kWh. Der Durch-schnitt lag bei 9,17 ct/kWh und damit über der derzeit geltenden EEG-Vergütung von 9,02 ct/kWh.

  • 40% der Zuschläge gingen an ein einziges Unternehmen, die Sybac Solar GmbH.
  • Keine einzige Genossenschaft kam zum Zug. 13% der Angebote kamen jedoch von Bürgerenergieunternehmen.
  • Nur ein Projekt mit Zuschlag lag unterhalb der EU-Bagatellgrenze von 1 MW (Betriebsparkplatz). Die folgende Übersicht der Bundesnetzagentur belegt die klare Bevorzugung großer Projekte:

Anzahl der Zuschläge je Gebotsmengenkategorie:

bis 500 kW 0

500 - 1000 kW 1

1000 kW - 2000 kW 2

2000 kW - 5000 kW 7

5000 kW - 10000 kW 15

Wertung

Das EEG ermöglichte bisher die aktive Teilhabe breiter Bevölkerungsschichten an der Energie-wende. Rund die Hälfte der installierten Leistung wurde bis heute von Bürgern investiert. Viele Akteure stärken den Wettbewerb, machen regionale Vermarktungskonzepte möglich und führen insgesamt zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Energie. Die Akzeptanz für den Umbau des Energiesystems hängt entscheidend von Beteiligungsmöglichkeiten ab.

Die erste Ausschreibungsrunde in Deutschland bestätigt nun die Erfahrungen in anderen Staaten: Ausschreibungsmodelle bevorzugen kapitalstarke Großinvestoren und drängen Bürgerenergieprojekte aus dem Markt. Gleichzeitig entstehen höhere Kosten als bei der Vergütung nach dem EEG. Es drohen eine erneute Oligopolisierung der Stromerzeugung und hiermit verbunden dauerhaft höhere Preise. Hinzu kommt die Unsicherheit, ob denn nach Zuschlagserteilung eine Projektumsetzung erfolgt. Im Ausland betrug die Quote der Nicht-Realisierung bis zu 35%. Damit droht in Deutschland eine Verlangsamung der Energiewende.

Dies entspricht nicht der Intention des Koalitionsvertrages.  Er fordert vielmehr ausdrücklich die Sicherung der Akteursvielfalt.

Im Gegensatz zu großen Marktteilnehmern verfolgen Bürgergemeinschaften nur einzelne Projekte. Ihre geringeren finanziellen Mittel und Managementkapazitäten lassen es nicht zu, mehrere Projekte in verschiedenen Regionen risikoausgleichend zu verfolgen. Die Bürgerenergieunternehmen müssen bei Ausschreibungen aber ebenso wie große Marktteilnehmer hohe Projektierungskosten vorfinanzieren, um die materiellen Präqualifikationsanforderungen zu erfüllen und einen belastbaren Preis für das Angebot abgeben zu können. Wenn sie keinen Zuschlag erhalten, sind diese Kosten verloren. Anders als große Marktteilnehmer können sie die Vorlaufkosten für gescheiterte Projekte nicht aus anderen Vorhaben refinanzieren. 

Artikel vom: 22.05.2015 13:38