Ausbildung von Regionalmanagern in Triesdorf kommt

Beitrag von Josef Göppel zum politischen Hintergrund dieser Initiative

An der Fachhochschule Triesdorf wird es ab 2002 einen Aufbaustudiengang Regionalmanagement geben. Grundlage dafür war ein Landtagsantrag von Josef Göppel, den das Landtagsplenum am 28.06.2000 einstimmig beschloss. Darin wird die Staatsregierung aufgefordert, die Errichtung des Studienganges Regionalentwicklung an der Fachhochschule Triesdorf zu unterstützen. Am 03.07.2001 stellte das bayerische Kabinett dann die erforderlichen Personalstellen bereit.

Der Bezirk Mittelfranken will rasch die erforderlichen Räume zur Verfügung stellen.

MdL Josef Göppel setzt sich seit Jahren mit großem Nachdruck für einen solchen Ausbildungsgang ein, weil die zahlreichen Regionalinitiativen in Deutschland nach seiner Meinung nur durch professionelles Management wirtschaftlich erfolgreich werden können. Die Stimmung dafür ist vorhanden. Das Netzwerk der deutschen Regionalinitiativen umfasst inzwischen über 300 Adressen. In zahlreichen ländlichen Räumen Deutschlands gründen sich kommunale Allianzen, die dringend auf hoch qualifizierte Regionalmanager angewiesen sind. Die europäische Kommission möchte als Umsetzungsinstrumente ihrer Politik in den ländlichen Räumen Regionalagenturen sehen, die wirtschaftliche, landwirtschaftliche, soziale, ökologische, kulturelle und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bündeln. Diese Regionalagenturen sollen mit festen Budgets in Form von Globalzuschüssen ausgestattet werden, über die sie im Rahmen der notifizierten Programme vor Ort eigenständig entscheiden können.

Eine interessante Parallele gibt es in Großbritannien. Premierminister Tony Blair will in den ländlichen Gebieten Country side agencies installieren. Sie entsprechen den Regionalagenturen im deutschsprachigen Raum.

Triesdorf liegt in einer klassischen ländlichen Region, die vor 30 Jahren noch das Armenhaus Bayerns genannt wurde. Die Lebenswirklichkeit ländlicher Räume pulsiert an keinem deutschen Studienort so eindringlich und unmittelbar wie in Triesdorf. Von daher drängt sich die wissenschaftliche Aufarbeitung und Begleitung des regionalen Denkens geradezu als Aufgabe auf. Das Bildungszentrum Triesdorf gewinnt damit an Breite und bleibt für neue Studentengenerationen attraktiv. Das Wichtigste aber ist: Triesdorf leistet damit einen wirkungsvollen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung im 21. Jahrhundert.

Nachfolgend finden Sie einen Beitrag von Josef Göppel zum politischen Hintergrund dieser Initiative.

Die Globalisierungswelle

Seit Mitte der 90er Jahre zeichnet sich im Wirtschaftsgeschehen eine tiefgreifende Veränderung ab, die Welle der Globalisierung. Fernhandel und Niederlassungen in anderen Erdteilen hat es schon immer gegeben, aber jetzt nimmt die Wirtschaft den ganzen Globus als normales Aktionsfeld in den Blick. Bis in den Mittelstand hinein richtet man die Unternehmensaktivitäten am globalen Markt aus. Nationale Märkte gibt es praktisch nicht mehr.

In Europa folgte die Globalisierungswelle unmittelbar auf die Öffnung der Grenzen und den Zerfall des Kommunismus. Deshalb zog gerade bei uns für viele eine ganz neue Freiheit herauf mit einer neuen grenzenlosen Beweglichkeit. Die Globalisierung bringt den Menschen in den entwickelten Ländern des Nordens tatsächlich viele Vorteile. Viele Industrieprodukte werden preiswerter. Aus der internationalen Arbeitsteilung und dem freien Verkehr von Waren und Kapital beziehen wir einen erheblichen Teil unseres Wohlstands.

Jetzt tun sich allerdings Widersprüche auf, die immer drängender Antworten der Politik verlangen. Das Kapital wird mit Hilfe der internationalen Börsen blitzschnell an den verschiedensten Punkten der Erde eingesetzt. Diese schnelle Beweglichkeit verschafft den Kapitalbesitzern einen entscheidenden Vorteil gegenüber den unmittelbar Produzierenden. Produktionsanlagen sind ortsgebunden und können auch in einer globalisierten Wirtschaft nicht beliebig hin- und hergeschoben werden, jedenfalls nicht so schnell wie Kapitalanteile. Das Kapital fließt dorthin, wo esüberdurchschnittliche Rendite bringt und zieht sich dort zurück, wo der Ertrag nachzulassen droht. Die sozialen und ökologischen Begrenzungen der Marktwirtschaft spielen dabei keine Rolle mehr. Daher wächst die Erkenntnis, dass jeder Wettbewerb Regeln braucht, um die brutale Durchsetzung des Rechts der Stärkeren zu verhindern. Die wirtschaftliche Dynamik muss sich in einem politischen Werterahmen vollziehen, der soziale und ökologische Ziele sichert.

Ein zweiter Widerspruch baut sich zwischen den multinationalen Unternehmen und den territorialenStaaten auf. Immer größere Teile der Wertschöpfung gehen an den Kassen der Nationalstaaten vorbei. Sie müssen trotzdem alle Aufgaben der Daseinsvorsorge sicherstellen. Welche Wirkungen werden global operierende Großunternehmen auf die Existenz von Nationalstaaten und deren demokratische Verfassungen in einigen Jahrzehnten haben? Der Zukunftsforscher Dr. Walter Kroy meint, dass "diese Firmen bestimmt mächtiger werden, als die meisten Regierungen der Welt, so dass eine Regierung dort nachfragen muss, ob es nicht Arbeitsplätze gibt für das Land, in dem man sich befindet."

Der globale Arbeitsmarkt ist die heute schon offenkundigste Folge der Globalisierung. Billigarbeitskräfte wandern zu den Produktionsanlagen der westlichen und nördlichen Länder. Umgekehrt verlagern viele Unternehmen Teile ihrer Produktion in Billiglohnländer. Daraus entsteht weiterer Druck zur Absenkung sozialer Errungenschaften.

Betriebswirtschaftliches richtiges und volkswirtschaftlich sinnvolles Verhalten klaffen immer weiter auseinander. Wer alle Möglichkeiten der globalen Produktion konsequent nutzt, wer rechtzeitig umschichtet und vor allem teuere Arbeitskräfte freisetzt, der verdient am meisten. Konzerne, die steigende Exporte und bessere Aktienrenditen bei sinkender Beschäftigungszahl verbuchen können, liefern dafür den Beweis. Ihre freigesetzten Arbeitskräfte bleiben jedoch ein Kostenfaktor für die nationale Volkswirtschaft. Das zeigt, dass die Rahmenbedingungen der Politik für wirtschaftliches Handeln nicht mehr stimmen.

Parallel zur Globalisierung läuft vor allem auf der Südhalbkugel der Erde eine rasante Verstädterung. Die UNO-Konferenz Habitat II 1996 in Istanbul wies auf den Schwund ländlicher Lebensformen eindringlich hin. 1990 lebten 40 % der Weltbevölkerung in Städten. 2025 werden es nach den Schätzungen der UNO doppelt so viele sein. Weltweit wird es dann fast 100 Städte mit mehr als 5 Mio. Einwohnern geben. Diesen Prozess hält man bei der UNO für unumkehrbar. Es komme jetzt darauf an, den Verstädterungsprozess in eine nachhaltige Richtung zu lenken und das sei schon eine kühne Vision - so Habitat II. Nachhaltige Entwicklung kann es für die Städte aber nur gemeinsam mit dem Umland, mit den ländlichen Räumen geben.

  Regionales Denken

Genau von dort her kommt nun weltweit die Gegenbewegung. Immer mehr aktive Menschen in ländlichen Gebieten wollen sich nicht damit abfinden, nur noch Ausgleichsraum für städtische Zentren zu sein. Sie werben für mehr eigenständige Wirtschaftsaktivitäten auf dem Land, damit die Menschen dort auch Arbeit finden und wohnen bleiben. Das ist durch Teilnahme am globalen Produktionskreislauf möglich, durch das Ausfüllen von Nischen, aber auch durch mehr eigenständige, regionale Wirtschaftskreisläufe. Heute zirkulieren nach Schätzung der Enquetekommission zum Schutz der Erdatmosphäre bereits 95 % des Warenvolumens in großräumigen Austauschvorgängen und nur noch 5 % regional. Die Kommission forderte in ihrem Schlussbericht 1995 deshalb die damalige Bundesregierung auf, "auf eine Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe gegenüber der internationalen Arbeitsteilung hinzuwirken."

Wer Landwirtschaft, Handwerk und Mittelstand in ländlichen Regionen halten will, muss kleingliedrige Wirtschaftsstrukturen fördern. Eine Vielfalt von Produkten und Problemlösungen sichert auch viel eher die ständig notwendige Erneuerung, als das beschränkte Sortiment einer Welteinheitsproduktion. Die Zukunftsfähigkeit von Systemen hängt entscheidend davon ab, an wie vielen Stellen unabhängig voneinander neue Wege beschritten werden können. Ballungen sind dagegen extrem störanfällig. Einbrüche an einer Stelle übertragen sich blitzschnell auf den Gesamtkreislauf. Auch die Evolution unseres eigenen Körpers brachte nicht eine einzige große Superzelle hervor, sondern wir bestehen aus vielen eigenständigen Zellen, die gegenseitig mit Zellwänden abgegrenzt sind und in denen ein Teil der Lebensvorgänge selbständig abläuft. Gemeinsam bilden sie den Organismus.

Dieses Bauprinzip prägt auch das Zusammenleben der Menschen. Kleinzellen regeln einen großen Teil der Dinge in sich selbst, in der Familie, in der Gemeinde, in der Region. Erst dann kommt die Nation und schließlich die Weltgemeinschaft. Systeme, die versuchen, diese Abstufungen zu zerstören und die Menschen in einer gleichförmigen Masse zu halten, können nur mit Zwang existieren und werden schließlich scheitern. Auch der weltweite Wirtschaftskreislauf kann nur dann auf Dauer bestehen, wenn er mit vielen eigenständig zirkulierenden regionalen Wirtschaftskreisläufen unterfüttert ist. Die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe ist kein "Rückfall in das marktwirtschaftliche Mittelalter", sondern entspricht elementaren Prinzipien des Lebens. Das Ziel der Regionalbewegung ist, den Anteil regionaler Wirtschaftskreisläufe auf bis zu 25 % anzuheben. Es geht also nicht um Entweder-oder, sondern um Sowohl-als-auch. Das Prinzip der arbeitsteiligen Weltwirtschaft soll nicht ausgehebelt, sondern vor dem Kollaps bewahrt werden. Ländliche Räume werden nur dann als eigenständige Lebens- und Wirtschaftsräume bestehen können, wenn ihnen mehr Wertschöpfung bleibt und mehr eigenständig erwirtschaftetes Kapital zirkuliert. Kürzere Wege zwischen Erzeugern und Verbrauchern dämpfen den Gesamtdurchsatz an Energie. Sie senken den Verkehrsbedarf. Damit bringt dieses Konzept neben mehr ökonomischer Stabilität auch klare ökologische Vorteile. Zwei der drei Eckpunkte des Zieldreiecks der Nachhaltigkeit können damit erfüllt werden. Die stärkste Triebfeder für die Regionalbewegung kommt jedoch aus dem sozialen Umfeld. Die Menschen wollen sich beheimatet fühlen. Das geht nur über die Pflege ihrer regionalen Eigenarten, der Baustile, der Mundarten, der Speisen, des Brauchtums. Die Einheitszivilisation ist gleichförmig und fantasielos. Regionale Verankerung ist Nahrung für die Seele. Sie rührt an das Innere der Menschen. In der technischen Zivilisation, die sich so rasch verändert, brauchen wir Haltepunkte für das Gemüt. Dazu gehört auch, den Rhythmus der Jahreszeiten wieder in der Ernährung zu erleben. Wer sich willkürlich über das Jahr hinweg alles leistet, wird in Wirklichkeit nicht reicher, sondern ärmer. Macht uns etwa die Exotik im Früchteregal reicher, wenn gleichzeitig die angebotenen Apfelsorten auf drei bis vier zusammenschrumpfen? Für den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ist das Aufkeimen der Regionalbewegung die logische Folge der Globalisierung. Nach seiner Meinung brauchen die Menschen gerade wegen der Globalisierung das Gefühl der Geborgenheit in ihrer Heimat. Nur dann könnten sie offen sein für großräumige Zusammenhänge. Regionale Überschaubarkeit als Gegengewicht zur Komplexität der globalen Welt ist angesagt. Seine Regierungserklärung nach der Landtagswahl 1998 überschrieb Stoiber mit dem Satz "Bayern als Weltregion und Heimat". Damit ist das Sowohl-als-auch von globalem und regionalem Denken erneut unterstrichen. Das Lebensgefühl des 21. Jahrhunderts wird auf den weltweiten Austausch von Informationen und Gütern gerichtet sein. Die Menschen wollen aktiv teilhaben an allem was geschieht. Je mehr sie mit dem Kopf in der Welteinheitszivilisation des Computers leben, desto mehr wird ihre Sehnsucht nach Verankerung in einer überschaubaren Heimat wachsen. Wenn diese Balance gelingt, wird es um die Idee der Nachhaltigkeit nicht schlecht stehen. Für Triesdorf liegt darin jedenfalls eine große Chance.

Ausbildung von Regionalmanagern in Triesdorf kommt 

Auch der weltweite Wirtschaftskreislauf kann nur dann auf Dauer bestehen, wenn er mit vielen eigenständig zirkulierenden regionalen Wirtschaftskreisläufen unterfüttert ist. Die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe ist kein "Rückfall in das marktwirtschaftliche Mittelalter", sondern entspricht elementaren Prinzipien des Lebens.

Das Ziel der Regionalbewegung ist, den Anteil regionaler Wirtschaftskreisläufe auf bis zu 25 % anzuheben. Es geht also nicht um Entweder-oder, sondern um Sowohl-als-auch. Das Prinzip der arbeitsteiligen Weltwirtschaft soll nicht ausgehebelt, sondern vor dem Kollaps bewahrt werden.

Ländliche Räume werden nur dann als eigenständige Lebens- und Wirtschaftsräume bestehen können, wenn ihnen mehr Wertschöpfung bleibt und mehr eigenständig erwirtschaftetes Kapital zirkuliert.

Kürzere Wege zwischen Erzeugern und Verbrauchern dämpfen den Gesamtdurchsatz an Energie. Sie senken den Verkehrsbedarf. Damit bringt dieses Konzept neben mehr ökonomischer Stabilität auch klare ökologische Vorteile. Zwei der drei Eckpunkte des Zieldreiecks der Nachhaltigkeit können damit erfüllt werden.

Die stärkste Triebfeder für die Regionalbewegung kommt jedoch aus dem sozialen Umfeld. Die Menschen wollen sich beheimatet fühlen. Das geht nur über die Pflege ihrer regionalen Eigenarten, der Baustile, der Mundarten, der Speisen, des Brauchtums. Die Einheitszivilisation ist gleichförmig und fantasielos. Regionale Verankerung ist Nahrung für die Seele. Sie rührt an das Innere der Menschen. In der technischen Zivilisation, die sich so rasch verändert, brauchen wir Haltepunkte für das Gemüt. Dazu gehört auch, den Rhythmus der Jahreszeiten wieder in der Ernährung zu erleben. Wer sich willkürlich über das Jahr hinweg alles leistet, wird in Wirklichkeit nicht reicher, sondern ärmer. Macht uns etwa die Exotik im Früchteregal reicher, wenn gleichzeitig die angebotenen Apfelsorten auf drei bis vier zusammenschrumpfen?

Für den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ist das Aufkeimen der Regionalbewegung die logische Folge der Globalisierung. Nach seiner Meinung brauchen die Menschen gerade wegen der Globalisierung das Gefühl der Geborgenheit in ihrer Heimat. Nur dann könnten sie offen sein für großräumige Zusammenhänge. Regionale Überschaubarkeit als Gegengewicht zur Komplexität der globalen Welt ist angesagt. Seine Regierungserklärung nach der Landtagswahl 1998 überschrieb Stoiber mit dem Satz "Bayern als Weltregion und Heimat". Damit ist das Sowohl-als-auch von globalem und regionalem Denken erneut unterstrichen.

Das Lebensgefühl des 21. Jahrhunderts wird auf den weltweiten Austausch von Informationen und Gütern gerichtet sein. Die Menschen wollen aktiv teilhaben an allem was geschieht. Je mehr sie mit dem Kopf in der Welteinheitszivilisation des Computers leben, desto mehr wird ihre Sehnsucht nach Verankerung in einer überschaubaren Heimat wachsen. Wenn diese Balance gelingt, wird es um die Idee der Nachhaltigkeit nicht schlecht stehen. Für Triesdorf liegt darin jedenfalls eine große Chance.

Artikel vom: 08.08.2002 09:36